Zum Check-up gezwungen?
Kaum zu glauben, aber schon wieder kam eine E-Mail eines potenziellen Neupatienten, ob wir auch "so eine" Praxis seien, die ihre Patienten zum Gesundheits-Check-up "zwingt". Eigentlich echt witzig, denn normalerweise wird in der Sprechstunde viel häufiger diskutiert, ob eine Blutuntersuchung häufiger durchgeführt werden könnte. Dazu muss man wissen: Jeder diagnostische oder therapeutische Eingriff braucht einen guten Grund - eine Indikation. Sonst fehlt die Begründung für den Kostenträger und wird dementsprechend auch nicht bezahlt.
Aber zurück zur Anfrage: Sehr wahrscheinlich ging es nicht um den Check-up an sich, sondern um einen direkten Arzt-Patienten-Kontakt. Manchmal passiert das: Patienten fordern über viele Quartale ihre Rezepte an, ohne dass sie eine Ärztin sehen. Manche Patienten halten das auch nicht für notwendig. Trotzdem übernehmen wir mit jedem Rezept die Verantwortung, dass es zum einen die richtige und ausreichende Therapie ist, in der richtigen Dosis und in der richtigen Kombination mit anderen Medikamenten. Wenn was schief geht, werden wir Ärztinnen gefragt, warum wir uns nicht besser gekümmert haben. Nur so eine Vermutung, was die eigentliche Fragestellung angeht - denn auf meine Rückfrage habe ich keine Antwort bekommen. Denn häufig bieten die MFAs im Fall eines länger zurückliegenden persönlichen Kontakts einen Check-up an, um mal wieder eine gute Übersicht zu bekommen, wie der aktuelle Gesundheitszustand ist.
Was ist der Gesundheits-Check-up?
Alle 3 Jahre steht gesetzlich Krankenversicherten ab dem 35. Lebensjahr eine internistische Vorsorge zu, die v.a. dazu dient, Herz-Kreislauf-Krankheiten frühzeitig zu erkennen und dann auch zu behandeln. Hierzu zählt die Beurteilung von wichtigen Risikofaktoren wie erhöhter Blutdruck und Blutzucker, Übergewicht, erhöhtes Cholesterin, Rauchen und eine familiäre Vorbelastung mit Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und koronarer Herzkrankheit. Das gibt es freilich auch für Privatversicherte - dort ist es abhängig vom jeweiligen Vertrag, in welchem Umfang Vorsorge betrieben werden darf.
Für uns ist der Check-up aber viel mehr: Wir haben die Gelegenheit, Sie mal in völlig gesundem Zustand zu sehen. In der Akutsprechstunde ist nur Zeit für Ihr direktes Anliegen, und dementsprechend wird die Zeit auch geplant. Beim Check-up geht es um allgemeine Gesundheitsfragen, um altersentsprechende Veränderungen und Vorsorgemöglichkeiten, um Themen, die sonst nicht ausreichend zur Sprache kommen. Und wir brauchen für all das keinerlei Symptome, die die Untersuchungen gegenüber dem Kostenträger rechtfertigen, sondern allein Ihr Alter und den richtigen Abstand zur Voruntersuchung - und schon geht es los.
Was wird beim Check-up gemacht?
Auf jeden Fall führt unser Team eine Blutentnahme, eine Urinuntersuchung und ein EKG durch. Eine körperliche Untersuchung ist dann bei uns Ärztinnen wichtig, denn da sehen wir mehr als in der Blutentnahme, bzw. Symptome, die sich in einem Bluttest nicht abbilden oder erst sehr spät. Wir wissen aber auch, dass den PatientInnen die Laboruntersuchung der wichtigste Anteil ist.
Beim Arzttermin schauen wir uns auf jeden Fall auch Ihren Impfausweis an. Ergänzend kann noch weitere Diagnostik gemacht werden, falls das entweder aufgrund von bestimmten Beschwerden oder chronischen Erkrankungen indiziert ist. Daher planen wir am liebsten mit Ihnen diese Vorsorge, bevor wir dann Untersuchungen nachholen müssen. Dafür gibt es unsere Vorsorgeberatung in der Praxis.
Und wenn Sie noch nicht "dran" sind für den Check-up (weil zu jung, weil letzte Untersuchung noch nicht lang her): Wir können jederzeit eine symptomorientierte Diagnostik durchführen. Wenn Sie den Wunsch nach Vorsorge haben oder Ihnen die Kassenleistung nicht genügt, bieten wir auch faire Selbstzahleroptionen, über die wir mit Ihnen gern in der Vorsorgeberatung sprechen.
Was gibt es denn noch?
Alle 2 Jahre können wir Hausärztinnen auch das Hautkrebsscreening durchführen (in manchen HzV-Verträgen sogar schon ab dem 19. Lebensjahr). Bei Männern steht ab dem 45. Lebensjahr die Krebsvorsorge an, und einmalig ab dem 65. Lebensjahr das Screening auf Bauchaortenaneurysmen. Wir sprechen alle 2 Jahre über Organspende, über Genussmittel wie Rauchen, Zucker und Alkohol. Und natürlich kann die Diagnostik weitergehen, falls es bei der Vorsorge auffällige Befunde gab - oder wir sprechen gleich über die Einleitung einer passenden Therapie.
Klingt nach viel Zeitaufwand - ich bin aber sehr beschäftigt...
Eigentlich sind es zwei Termine - für das Labor und die apparativen Untersuchungen, und dann bei uns Ärztinnen, wenn die Ergebnisse da sind. Für ganz Eilige kann auch die körperliche Untersuchung schon am Tag für das Labor durchgeführt werden, und der Rest dann per Videosprechstunde, dann brauchen Sie nur einmal persönlich in der Praxis aufzutauchen. Meist aber fällt Ihnen noch was ein, was die Ärztin anschauen soll, und schon kommt es dann zu einem weiteren Termin. Entscheiden Sie selbst...
Zurück zur Frage: Werde ich zum Check-up gezwungen?
Natürlich nicht. Warum auch? Es ist ein Vorsorgeangebot. Als gesunder Mensch kommen Sie entweder für Vorsorgen in die Praxis, oder wenn Sie akut krank werden. Das ist völlig normal, ausreichend, angemessen. Unsere chronisch kranken Patienten hingegen nehmen regelmäßig Medikamente ein, und für diese Therapie übernehmen wir als Ärztinnen mit Ausstellung des Medikaments die Verantwortung dafür, dass die Therapie indiziert, in ausreichendem Umfang und wirtschaftlich ist. Medizinische Leitlinien ändern sich durch neue Erkenntnisse. Beispielsweise werden der Diabetes und der Bluthochdruck heute anders therapiert als noch vor 20 Jahren und das ist auch gut so. Wir möchten mit Ihnen "dranbleiben" - und die sog. Chronikerprogramme für Menschen mit Diabetes und koronarer Herzkrankheit geben uns hier auch die Möglichkeit dazu. Manche Krankenkassen bieten solche Programme auch für Menschen mit Bluthochdruck an. Wir sehen unsere Rheumatiker regelmäßig und die Krebspatienten sowieso. Darum geht es: nicht zu verpassen, wenn Sie und Ihre Gesundheit einfach eine Anpassung der Therapie benötigen. Und Sie sollen das nicht durch einen Fortschritt Ihrer Grunderkrankung in Form einer Komplikation merken, sondern durch ein regelmäßiges Monitoring durch Ihre Hausärztin, damit Komplikationen möglichst vermieden werden. Wir finden schon die richtigen Intervalle miteinander raus - und dafür treffen wir uns.
Kein Zwang, aber Fürsorge und Verantwortungsbewusstsein.
Ihre Hausärztinnen in Tiefenbach